Hier berichten und reflektieren wir über unsere Erlebnisse. Wir plaudern eben „aus dem Nähkästchen“.
11.08.2022, Weiterbildung in Gewaltfreier Kommunikation und Forumtheater: Haben Sie das schon mal gehört? Hört sich doch an wie großes Theater, stimmt´s? Großes Theater – selbst gemacht. Erfunden von Augusto Boal, einem brasilianischen Theatermacher, ist es „Theater der Unterdrückten“. Mit dieser Methode können wir lernen, die eigenen Ziele und Interessen zu formulieren und zu ihnen zu stehen.
Wir haben es ausprobiert und als sehr inspirierend empfunden.
Wie machen wir OMAS GEGEN RECHTS.DRESDEN Forumtheater?
Wir laufen locker im Raum herum, schlenkern mit den Armen, erst schnell, dann in Zeitlupe, begrüßen uns verliebt, freundlich oder in voller Wut.
Wenn mentale-, körperliche- und Gefühlszustände durchgearbeitet sind, geht´s zur Sache: Wir einigen uns auf eine erlebte Straßenszene, die uns aus der Ruhe gebracht oder hilflos gemacht hat. Wer übernimmt die Rolle der Angreiferin? Wer stellt sich für eine gestellte Mahnwache zur Verfügung? Die Entscheidungen fallen schnell, denn hier im Übungsfeld kann uns ja nichts passieren.
Die Angreiferinnen legen los, beschimpfen und diffamieren die braven Mahnwächterinnen, die wiederum versuchen, ihre Stellung und Meinung zu behaupten, was Erstere so richtig in Fahrt bringt.
Und jetzt kommt´s! Aus dem „Publikum“ ruft eine „Stopp“ und eilt der etwas hilflosen Formation mit einer neuen Idee zu Hilfe. Als das die Offensive der Aggressorinnen verstärkt, ruft eine Zweite „Stopp“ und versucht mit einer neuen Interventionsidee, die Lage zu entschärfen. So lässt sich das üben bis den Angreiferinnen die Luft ausgeht und in der Mahnwache wieder mahnende Ruhe einkehrt.
Im Nachklang folgt eine Reflexion: Wie ging es uns als Angreiferinnen? Wie war das körperlich, mental und psychisch?
Wie ging es den Mahnwächterinnen, den OMAS GEGEN RECHTS in dieser Position? Was haben wir daraus gelernt?
Ist ´ne gute Sache, das Forumtheater! Einen dicken Dank an Juliane Assmann vom Ökumenischen Informationszentrum, die uns angeleitet hat.
Verleihung des Paul-Spiegel-Preises an die OMAS GEGEN RECHTS am 3. Juli 2022 in Berlin: Unserer ersten Bedürfnisregung in der Großstadthitze nach einem Eiskaffee folgte die Herausforderung, die festliche Kleidung nicht zu bekleckern. Das war der Einstieg auf dem Weg zur Paul-Spiegel-Preisverleihung an die OMAS GEGEN RECHTS und den Fußball – Verein Tennis Borussia Berlin.

Es war heiß und das Thema war ernst. Doch im gut gekühlten „Stadtbad“, ging es entspannt und freundlich zu.
Grußreden vom Präsidenten des Zentralrates der Juden und hochrangigen Politikerinnen folgte die Laudatio der Publizistin Carolin Emcke, die sowohl ernst und reflektiert als auch humorvoll und von uns zutiefst inspirierend erlebt wurde.
Über die Preisträger*innen wurden kleine „Lebensbilder“ gezeigt, Dankesreden von Anna Ohnweiler und Gerda Smorra gesprochen. Zu guter Letzt gab es bei koscherem Buffet Möglichkeiten, sich zu begegnen und Kontakte zu knüpfen.
„Wer bist Du? Wo kommst du her? Was macht ihr?“. Daraus ergeben sich neue ausbaufähige Vernetzungen, denen wir freudig entgegen sehen.
…und auch das letzte Eis bewältigten wir ohne kleckern.
Monika und Astrid

29.03.2022: Unter diesem Banner versammelten wir uns am 5. März 2022, dem 10. Tag des Krieges in der Ukraine, vor der Frauenkirche auf dem Dresdener Neumarkt. Wir legten vor uns auf den Boden eine etwa fünf Meter lange ukrainische Fahne, darauf, neben unseren eigenen Flyern, Informationsflyer, „Sie möchten helfen?“ und zwei Körbe. Der eine enthielt Statements in Postkartengröße, z.B.:
- Ich denke an die Soldaten, die schießen müssen und ich denke daran, wie Brüder zu Feinden werden.
- Ich denke daran, dass viele Menschen nicht wissen, was wahr ist und was Lüge.
- Ich denke an die Kinder, die nicht verstehen, warum ihre Eltern so viel Angst haben.
- Ich danke allen Menschen in allen Ländern, die bereitwillig Flüchtende aufnehmen und ihnen freundlich Unterstützung gewähren.
Es waren über dreißig Statements, die wir in der gebotenen Ruhe verlasen, danach in den leeren Korb legten und unseren Platz wieder einnahmen. Dann ging die nächste zum Mikrofon, las, trat zurück. Nach einer Weile reihten sich ein paar Passanten ein. Mir fielen besonders zwei jugendliche Mädchen auf, die auf der Fahne knieten und sich alle Statements durchlasen, bis sie das für sich passende fanden und damit ans Mikrofon traten. Wenn der Korb mit den Statements leer war, wechselten wir die Körbe und begannen von vorn. Passanten blieben stehen und hörten uns eine Weile zu. Die meisten waren interessiert und betroffen.
Monika

Kundgebung auf dem Neumarkt in Dresden am 27. Februar 2022 – wir OMAS GEGEN RECHTS.DRESDEN waren dabei: Wie in vielen Städten Deutschlands versammelten sich auch vor der Frauenkirche in Dresden viele Menschen, um ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zum Ausdruck zu bringen. Zwei junge Ukrainerinnen, Julija Kravtsova und Lilija Koshmak. riefen zu dieser Solidaritäts-
kundgebung auf, und sie berichteten, für alle sehr bewegend, welche Nachrichten sie aus ihrer Heimat erreichten. Zutiefst betroffen stehen auch wir OMAS GEGEN.RECHTS aus Dresden mit unserer Solidarität an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer. Wir sind fassungslos über diesen Bruderkrieg und fordern Putin auf, den Krieg sofort zu beenden!
Monika

Mahnwache zum 13. Februar 2022: „Das sonnige Wetter war sehr angenehm. So konnten wir fast immer in der wärmenden Sonne stehen.
Verglichen mit dem, was in anderen Teilen der Stadt vor sich ging, war es ein ruhiger Platz, mit nicht sehr vielen Passanten. Der Vorteil war, es blieb auch Zeit, dass sich die Oma-Frauen miteinander unterhalten konnten, eigene und familiäre Erinnerungen an die Zeit um und nach dem 13. Feburar 1945 weitergeben.
Sehr angenehm war auch die Möglichkeit, sich freundlicherweise an dem für uns reservierten Tisch im ‚aha-Cafe‘ mit Genuss zu stärken und aufzuwärmen.
Ab dem frühen Nachmittag kamen mehr Menschen vorbei. Die Reaktionen waren unterschiedlich, von ‚Schämt ihr euch nicht hier zu stehen‘ bis zu manchen ‚Daumen hoch‘ und dem Zuspruch und Interesse junger Leute und dem frohen Zuruf einer Guppe ‚Ihr seid unsere Lieblings-Omas!‘ war alles zu hören, z.T. zu widersprechen oder als hoffnungslos zu beschweigen.
Gegen 17 Uhr begann sich die Menschenkette zu bilden.“
Sigrid

21.01.2022: „Ich war heute am späteren Nachmittag nochmal am Leipziger Bahnhof, (ist nicht weit von meiner Wohnung) und habe Kerzen angezündet. Ungefähr 6-7 Personen (alle jung) waren da, ca 50 Kerzen brannten, in dem Absprerrzaun zum Bahnhofsgebäude waren Rosen gesteckt. Die Lautsprecher übertrugen erschütternde und traurige Berichte von Zeitzeugen. (Man schämt sich, wenn man denkt, dass es einem schon wieder zu kalt wird…)“
Monika

20.01.2022: Gedenkveranstaltung anlässlich der ersten Deportationen von Jüdinnen* und Juden* aus Dresden vor 80 Jahren am Alten Leipziger Bahnhof
Es war feucht-kalt. Trotzdem waren wir unter mindestens 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sechs Frauen von den OMAS GEGEN RECHTS.DRESDEN
Zeitzeugenberichte wurden verlesen. Eine Lichtinstallation ließ die Worte „WANN“, „WIEVIELE“ , „WOHIN“ erkennen und ein Audiotrack „Deportation und Vernichtung – Ereignis ohne Zeugnis?“ aus dem Dresdner Audiostadtrundgang „audioscript“ wurde vorgetragen.
Paul Hoorn und Freunde spielten jüdische Musik.

In dieser Atmosphäre von Kälte, die uns zittern und frieren ließ, Musik, die unter die Haut ging, Texten, die unter die Haut gingen, ein Rabbi sprach das aramäische Kaddisch und alles angesichts des alten ruinösen Leipziger Bahnhofs im kalten Dunst des Januarabends, waren wir sehr berührt.
Sigrid