Schreiben an und Antwort von Michael Kretschmer

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Inzwischen hat es sich schon herumgesprochen, dass wir gelegentlich Vertreter*innen aus der Politik anschreiben, wenn wir einen Handlungsbedarf auf deren Seite sehen. Heute veröffentlichen wir unser Schreiben an den Landesvorsitzenden der CDU Sachsen, Michael Kretschmer, sowie dessen Antwort:

Sehr geehrter Herr Kretschmer,

wir wenden uns als Initiative OMAS GEGEN RECHTS.DRESDEN (OGR.DD) an Sie.
Bei unseren Aktionen – Mahnwachen an Stolpersteinen und für Frieden, Infoständen, Kundgebungen und Demonstrationen – sind wir mit Menschen im Gespräch und klären über das Wesen und die Ziele der AfD auf. Wir hören oft, dass Menschen in Sorge sind über das Erstarken der AfD, die Handlungsunfähigkeit der demokratischen Parteien und die damit einhergehende Polarisierung der Gesellschaft.

Die Bereitschaft, AfD zu wählen, steht in einem Wechselverhältnis zur Zunahme nationalistischer, fremdenfeindlicher, rassistischer, antisemitischer, frauenfeindlicher und rechtsextremistischer Haltungen und daraus resultierender rechtsextremer Gewalttaten. Indem die AfD mehr und mehr auf demokratischem Weg in die Parlamente und Verwaltungen auf allen Ebenen gelangt, werden rechtsextreme Haltungen, daraus resultierende Forderungen und Maßnahmen zu legitimen Mitteln der politischen Auseinandersetzung und zur Durchsetzung des staatlichen Machtmonopols.

Die Ereignisse um die beiden Lehrkräfte im brandenburgischen Burg sind vielleicht die bisher erschreckendsten aus einer Reihe ähnlicher Vorfälle. Auch weil die zuständigen Behörden, die Schule und die Elternschaft versagt haben, erinnert der Weggang der beiden Lehrer*innen fatal an die Emigration aufrechter Menschen in der Nazizeit. Der Vorgang ist ein Beispiel, dass die Ideologie der AfD in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Die Menschen sind nicht nur in den sozialen Medien zur Unterstützung bereit, sondern werden selbst aktiv. Die bisherige Entwicklung der AfD hat gezeigt, dass die Partei nicht in der Lage und auch nicht willens ist, sich von derartigen Entwicklungen abzugrenzen. Im Gegenteil ist es das Ziel der AfD, unter Ausnutzung demokratischer Möglichkeiten die Demokratie abzuschaffen und einen totalitären Staat zu errichten.

Wir sind insbesondere beunruhigt, wie von Seiten der demokratischen Parteien und ihrer Verantwortungsträger auf allen Ebenen auf die beschriebene Problematik reagiert wird. Auch Parteien, die sich deutlich von der AfD abgrenzen, müssen sich fragen lassen, ob sie alle Möglichkeiten politischer Bildung und vor allem auch „der Rückenstärkung“ ihrer Mandatsträger*innen in den Kommunen ausschöpfen.

Sehr geehrter Herr Kretschmer, Sie äußerten sich in letzter Zeit mehrfach zum Umgang mit der AfD in der Kommunalpolitik. Zuletzt haben Sie für einen pragmatischen Umgang mit der AfD in Kommunalparlamenten geworben. Gleichzeitig grenzen Sie sich von der AfD ab und nennen die Ziele der AfD beim Namen. Wir vermissen jedoch nach wie vor eine klare Linie von Ihnen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie deutlich zu einer klaren Linie der Abgrenzung von der AfD finden und diese auch kommunizieren.

Wir bitten um Ihre Stellungnahme:

  • Was verstehen Sie unter Pragmatismus im Zusammenhang mit der AfD? Reicht Ihr Pragmatismus so weit, gemeinsam mit der AfD gegen Stolpersteine und Sozialleistungen für Flüchtlinge zu stimmen, wie in Limbach-Oberfrohna und Bautzen geschehen? (siehe Der Spiegel v. 29.07.2023, S.6)
  • Wie gewährleisten Sie als Vorsitzender des CDU-Landesverbands Sachsen, dass die ehrenamtlichen CDU-Mandatsträger*innen in den sächsischen Kommunalparlamenten sowie die gewählten Verwaltungsbeamtinnen für den Umgang mit der AfD gut vorbereitet sind? Es bedarf sicher einer gewissen Kreativität, sich einerseits abzugrenzen und auch deutlich dagegenzuhalten, wenn es identitätspolitische Sachverhalte zu klären gilt, sich aber andererseits bei reinen Sachthemen pragmatisch zu verhalten.
  • Wie werben Sie für eine Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien?
  • Was halten Sie davon, durch Bürger*innen-Räte Entscheidungsvorlagen für wichtige Themen erarbeiten zu lassen?

Für ein Gespräch stehen wir gern bereit.

Mit freundlichen Grüßen

Für die Initiative OMAS GEGEN RECHTS.DRESDEN
Astrid Bodenstein · Barbara Hahn · Helga Grischek · Dorrit Riemenschneider

Folgende Antwort erreichte uns vom Landesgeschäftsführer der CDU, Tilo Schumann:

Sehr geehrte Frau Bodenstein,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht an unseren Landesvorsitzenden Michael Kretschmer.
Er lässt Sie herzlich grüßen und hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.

Der Zulauf, den extreme Parteien aktuell haben, muss alle Demokratinnen und Demokraten wachsam machen. Als Sächsische Union sind wir klar in der Sache: Es gibt für uns keine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linkspartei. Schon im Vorfeld der Landtagswahl 2019 hat Michael Kretschmer dies für die CDU immer wieder deutlich gemacht. Für uns gilt diese Position nach wie vor. Unser Landesvorsitzender macht immer wieder, so zum Beispiel in Interviews oder Reden im Sächsischen Landtag, mit deutlichen Worten klar, wie er und die CDU zur AfD stehen. Dabei ist es ihm immer auch ein Anliegen nicht nur eine Zusammenarbeit auszuschließen, sondern auch genau zu erklären warum. So zuletzt auch im Zusammenhang mit der Berichterstattung nach dem Sommerinterview des CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz.

Einen Weg des Umgangs mit der AfD und ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern auf den unterschiedlichen politischen Ebenen zu finden, ist Aufgabe für alle Parteien. Vor allem auf kommunaler Ebene, auf der engagierte Frauen und Männer im Ehrenamt etwas für ihre Heimat bewegen wollen, kann dies mitunter sehr herausfordernd sein. Ein pragmatischer Umgang ist etwa dann erforderlich, wenn die Menschen in einem Landkreis einen Politiker der AfD zum Landrat wählen, wie kürzlich in Sonneberg geschehen. Das darf ja nicht dazu führen, dass vor Ort dann keine Entscheidungen mehr getroffen werden.

Doch nicht nur Parteien und deren Vertreterinnen und Vertreter sind gefragt. Im Umgang mit extremistischen und radikalen Kräften sind wir als Gesellschaft insgesamt gefordert. Als „Omas gegen Rechts“ nehmen Sie diese Verantwortung in besonderem Maße wahr. Dafür danke ich Ihnen auch im Namen von Ministerpräsident Michael Kretschmer sehr herzlich. Als Sächsische Union sind wir an der Seite derjenigen, die sich für Demokratie, Freiheit, Toleranz und ein gutes Miteinander einsetzen.

Freundliche Grüße
Tilo Schumann

Wir möchten ganz bewusst keine Wertung der Antwort abgeben, damit alle Leser*innen sich selbst eine Meinung bilden können.